Leben auf dem Land

Leben auf dem Land im 19. Jahrhundert

von Natascha Bär

2.1.1 Dorfhierarchie

Die dörfliche Hierarchie war zuerst nach Geschlecht und Alter und dann nach Besitz geschichtet. Jedoch stand außerhalb von jeglicher materiellen Hierarchie der Geistliche oder Dorfpfarrer der Gemeinde. Er genoss besonderes Ansehen und hatte, vergleichbar mit der Kirche im Ortskern, eine wichtige Funktion in der Gemeinde. Der Pfarrer als geistlicher Würdenträger war ein angesehener Mann, dessen Nähe zu Gott ihn über jegliche Hierarchie stellte. Meist war der Pastor nicht vermögend und wurde durch die Dorfgemeinde über Spenden und Naturalien finanziert.

Während Adel und Gutsherren über dem Land und dem auf ihm arbeitenden Bauern stand, gab es auch klare Abgrenzungen zwischen reichen und armen Bauern. An oberster Stelle war der Gutsherr. Er verdiente sein Ansehen nicht „durch besondere Leistungen oder harte Arbeit, sondern allein durch seinen Besitz“ (Weber-Keller­mann 1987:238). Die Großbauern besaßen das meiste an Land und Ackerfläche und führten Höfe und Gehöfte. Diese glichen kleinen Unternehmen, da solch ein Hof aufgrund der Größe viele Arbeitskräfte benötigte. Der Gutsherr oder auch der Großbauer mussten selber nicht arbeiten.

Die mittleren Bauern, welche die größte Schicht des Dorfes ausmachten, waren teil­weise an der landwirtschaftlichen Arbeit beteiligt. Hier arbeitete die ganze Familie mit auf dem Hof ,wie auch die Angestellten, das Gesinde und vielleicht Tagelöhner. Selbst Kinder waren vollwertige Arbeitskräfte auf dem Hof des Familienhaushaltes und hatten Aufgaben wie Hüten, arbeiteten im Stall und auf dem Feld oder als Dienstboten auf anderen Höfen. Um die eigene Existenz, die des Hofes und auch den Ruf im Dorf zu erhalten mussten alle von früh bis spät hart arbeiten.

Weiter unten in der Hierarchie waren die Kleinbauern, das Gesinde sowie Tagelöhner. Sie standen meist in abhängigen Arbeitsverhältnissen zu einem größeren Bauern. Es kam vor, dass sie selber Land pachteten. Doch die Einnahmen reichten oft nicht aus, um die Existenz zu sichern. Meist mussten sie gleichzeitig auch ihre Arbeitskraft vermieten, um ihre Familien durchzubringen.

Das Gesinde, Mägde und Knechte, lebten als Angestellte bei den Bauern mit im Haus­halt und erhielten entweder Geld, bzw. Naturalien; oder in Gegenleistung für ihre Arbeit auf dem Hof und dem Feld ein Dach über dem Kopf. Das Gesinde konnte zum Teil auf Gesindemärkten von Bauern erworben werden. Der Umgang mit ihnen wie auch ihr Verhalten waren zudem in einer Gesindeordnung festgelegt.

Die Landarbeiter waren Arbeiter, die kein oder nur ein kleines Stückchen Land besaßen. Sie gehörten nach dem Gesinde zum ärmsten Teil der Landbevölkerung. Um Arbeit zu bekommen mieteten sie sich meist als Einlieger bei einem Bauern oder Guts­besitzer ein. Ihre Anstellung war jedoch oft unsicher, da es abhängig von der wirt­schaft­­licher Situation und Ernte keine Garantie gab, eine Anstellung zu finden. Für die Gemeinden waren sie eine Belastung und hatten dort einen schweren Stand. So konnten sie z. B. nicht einfach in ihrem Stand heiraten und sich niederlassen, wenn die nötigen finanziellen Mittel fehlten. Die Gemeinden versuchten so zu verhindern, dass jemand durch Betteln oder Almosen dem Dorf zur Last fiel und wirkten dadurch der Gefahr von Verarmung entgegen.

Die Handwerker gehörten zu den Dienstleistungsberufen und waren auch unter sich in Hierarchien gegliedert. Zu ihnen gehörten unter anderen der Schmied, der Tischler, der Schuster, der Müller, um einige aufzuzählen. Zu den Menschen, die sich zum Teil noch im Dorf aufhielten und deren Funktion teil der Gemeinschaft war, gehörten des weiteren Postboten, Nachtwächter und Hausierer.

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